von Ludwig Scheibe (TU Berlin), Oktober 2024
Die größten Planeten, die man finden kann, sind gewaltige Gasriesen. Sie sind mehr als 80-mal schwerer als die Erde und mehr als 8-mal größer als der Erdendurchmesser. Mit dieser Masse und Größe ähneln sie dem Jupiter und Saturn in unserem Sonnensystem und sind ähnlich aufgebaut. Zu einem großen Teil bestehen sie aus den Gasen Wasserstoff und Helium und haben im inneren einen Kern aus schwererem Material, Gestein oder Eis.
Doch bei diesen Exo-Gasriesen haben wir eine Vielfalt von Eigenschaften gefunden, die die von unseren bisherigen Erfahrungen mit dem Jupiter und Saturn stark abweichen, und die damit eine Herausforderung für unsere Theorien der Planetenentstehung darstellen.
Heiße Jupiter
Bereits der erste Exoplanet um einen sonnenähnlichen Stern stellte 1995 eine große Überraschung für die Planetenwissenschaft dar: 51 Pegasi b ist etwa halb so schwer wie der Jupiter – also definitiv ein Gasriese – hat aber nur eine Umlaufzeit von 4 Tagen. Das heißt, dass er seinen Stern im Abstand von lediglich 8 Millionen Kilometern umkreist. Das ist nur ein Prozent des Bahnradius des Jupiters, und nur etwa ein Siebtel des Abstands des Merkurs von der Sonne, des innersten unserer Planeten. 51 Pegasi b wurde damit sofort zum ersten Vertreter einer völlig neuen Klasse von Planeten: die heißen Jupiter.
Diese ungewöhnliche Planeten sind Gasriesen, die so nah an ihrem Stern kreisen, dass sie ihren Umlauf in weniger als etwa 10 Tagen absolvieren – im Gegensatz zu, beispielsweise, einem Jahr für die Erde oder 87 Tage für den Merkur. Diese Nähe zu ihrem Stern bedeutet, dass heiße Jupiter eine gewaltige Menge an stellarer Einstrahlung erhalten, wodurch sie auf Außentemperaturen von teilweise über 1000°C kommen – daher der Name. Ihre Entdeckung war überraschend nicht nur weil wir im Sonnensystem keine Planeten kennen, die so nah an der Sonne kreisen, sondern auch weil laut den meisten Modellen der Planetenentstehung so große Planeten sich nicht so nah am Stern bilden können. Die gängige Erklärung ist hier, dass diese Planeten weiter weg von ihrem Stern entstanden sind – ähnlich wie unsere eigenen Gasriesen – und dann hinterher durch einen Migrationsmechanismus weiter nach innen gewandert sind.
Leichter zu finden
Heiße Jupiter lassen sich mit unseren Methoden besonders gut entdecken. Sie sind groß und schwer, weswegen sie bei der Transit- und Radialgeschwindigkeitsmethode ein besonders großes Signal verursachen. Durch ihre geringe Umlaufperiode kehrt der Transit, mit dem man sie entdecken kann, häufig wieder und man kann mehrere Transits in relativ kurzer Zeit beobachten. Dadurch waren es also in den Anfangsjahren der Exoplanetenforschung vor allem heiße Jupiter, die gefunden und erforscht wurden. Doch es wäre ein Trugschluss, daraus zu folgern, dass diese Planeten besonders häufig sind. Spätestens seit der Kepler-Mission wissen wir, dass es weit mehr Supererden, also Planeten in der Größe zwischen der Erde und dem Neptun, als heiße Jupiter gibt.
Das ändert nichts daran, dass heiße Jupiter eine schillernde und faszinierende Klasse an Planeten sind, die es wert sind, genauer untersucht zu werden. Ihre Größe und Nähe zu ihrem Stern macht sie ideal, um Auswirkungen von Gezeiten oder den Aufbau und die Dynamik von Atmosphären zu untersuchen. Diese Methoden können dann verfeinert werden, um sie auch bei kleineren und schwieriger zu beobachtenden Planetenklassen anzuwenden.
Verlust der Atmosphäre
Ein besonderer Effekt, der in diesen heißen Jupitern auftreten kann, ist der Verlust der Atmosphäre: Der äußerste Teil der Gashülle wird so stark aufgeheizt, dass Gasteilchen in der Atmosphäre anfangen können, der Schwerkraft des Planeten zu entkommen. Das führt dazu, dass der Planet auf seiner Umlaufbahn einen Schweif aus Gas hinter sich herzieht.
Jupiter weit draußen direkt abbilden
In seltenen Fällen ist es möglich, Planeten auch direkt abzubilden, wenn auch nicht im sichtbaren, sondern nur im infraroten Wellenlängenbereich. Damit das aber funktioniert, muss der Planet weit genug von seinem Stern entfernt sein, damit man beide Objekte getrennt sehen kann. Außerdem müssen es sehr große und junge (und damit heiße) Planeten sein, denn nur dann geben sie genug Wärmestrahlung ab, dass wir sie abbilden können.
Mit dieser Methode ist es also gelungen, sehr junge Gasriesen zu entdecken, die weit von ihrem Stern entfernt sind. Oft sind sie nur ein paar Millionen bis ein paar hundert Millionen Jahre alt – im Gegensatz zu unserem Sonnensystem, das etwa 4,6 Milliarden Jahren alt ist. Sie geben uns wertvollen Einblick in die frühe Lebensphase von Planetensystemen und gehören zu den seltenen Fällen, in denen wir Planeten weit entfernt von ihrem Stern studieren können.