von Ludwig Scheibe (TU Berlin), November 2024
Am unteren Ende der planetaren Größenskala haben wir die terrestrischen Planeten: Welten, die kleiner sind als etwa anderthalb mal der Radius der Erde. In unserem Sonnensystem gehören die vier inneren Planeten zu dieser Klasse: Merkur, Venus, Erde und Mars, von denen die Erde am größten ist. Wie ihre Geschwister hier in unserer Nachbarschaft bestehen terrestrische Exoplaneten zu einem großen Teil aus Gestein, mit möglicherweise einem eisernen Kern im Zentrum, und wenn dann nur einer dünnen Gashülle – verglichen mit Jupiter- oder Neptunartigen.
Da kleine Planeten nicht so leicht zu finden und zu erforschen sind wie große, haben wir von dieser Klasse bisher nur wenige entdeckt, doch aufgrund ihrer ähnlichen Größe und Masse zur Erde sind sie natürlich besonders interessant für unsere Forschung.
Die Verschiedensten Bedingungen
Nur weil sie etwa gleich groß sind wie die Erde, heißt das nicht, dass es dort genau so zugeht wie bei uns. Als ein Beispiel muss man nur hier im Sonnensystem zur Venus schauen: In Größe und Masse unterscheidet sie sich kaum von der Erde, doch im Gegensatz zu uns besitzt sie eine sehr dichte und heiße Atmosphäre aus Kohlenstoffdioxid mit Wolken aus Schwefelsäure, die an der Oberfläche einen Druck von 92-mal den Normalbedingungen der Erde und eine Temperatur von 460 °C hat. Und für Exoplaneten können die Bedingungen noch extremer sein: GJ-367 b zum Beispiel, abgebildet oben, umrundet seinen Stern in nur 8 Stunden und wird so stark bestrahlt, dass die dem Stern zugewandte Seite eine Temperatur von mindestens 1300 °C hat und zumindest auf dieser Seite möglicherweise komplett zu Lava aufgeschmolzen ist.
Es ist also gut, im Sinn zu behalten: Wenn in Artikeln und Pressemeldungen von „erdartigen“ oder „terrestrischen“ Planeten die Rede ist, dann heißt das nur, dass sie die gleiche Größe haben wie unser Planet, nicht, dass es dort genau so aussieht oder gar dass es Leben gibt.
Die Suche nach der zweiten Erde
Wie steht es also nun um die „zweite Erde“? Haben wir ein Spiegelbild unseres Heimatplaneten gefunden?
Wir haben im Laufe der Jahre durchaus den einen oder anderen Erd-großen Planeten in der habitablen Zone um seinen Stern gefunden. Das bekannteste Beispiel ist vermutlich das System TRAPPIST-1, entdeckt 2017, in dem wir sieben Planeten kennen, alle zwischen ca. 0,8 und 1,3-mal so groß wie die Erde, und drei von ihnen in der habitablen Zone ihres Sterns. Doch ein wichtiger Unterschied ist: Der betreffende Stern ist ein roter Zwerg. Das heißt, er ist nur etwa ein Zehntel so groß wie die Sonne und nur halb so warm, und damit um ein vielfaches weniger leuchtstark. Alle sieben bekannten TRAPPIST-1-Planeten umkreisen ihren Stern auf Bahnen, die alle enger als die Umlaufbahn des Merkurs um die Sonne sind. Das Licht dieser Sterne weißt ein anderes Spektrum auf als das der Sonne. Es ist außerdem gut möglich, dass diese Planeten gebunden rotieren, das heißt ihrem Stern immer die gleiche Seite zuwenden. Alles dies macht die Bedingungen deutlich verschiedenen von der Erde und es ist noch unklar, ob die mittleren Planeten des Systems überhaupt eine Atmosphäre besitzen, geschweige denn, ob sie in irgendeiner Form der unsrigen ähnelt.
Was eine wirkliche zweite Erde angeht – also einen terrestrischen Planeten, der einen Stern von der gleichen Art wie die Sonne umkreist, und das in einem ähnlichen Abstand wie die Erde tut: So einen Zwilling konnte man bisher nicht finden. Das heißt aber keineswegs, dass es diese Planeten nicht gibt. Ein solcher Erdzwilling würde, genau wie die Erde, ein Jahr für einen kompletten Umlauf benötigen, das heißt man müsste einen Stern mindestens mehrere Jahre beobachten, um mit der Transit- und Radialgeschwindigkeitsmethode Anzeichen für den Planeten zu finden. Darüber hinaus müssen wir das Sternenlicht extrem präzise messen, um einen so kleinen Planeten zu finden.
Eines der ursprünglichen Ziele der 2009 gestarteten Kepler-Mission war es, herauszufinden, wie viele solcher zweiter Erden es gibt. Doch während dieses Teleskop tausende Planeten gefunden hat und uns eine Menge Statistik zu Planetenhäufigkeiten geliefert hat, konnte es auf diese spezielle Frage keine Antwort geben. Nun soll die PLATO-Mission, ein neues Weltraumteleskop, dessen Start auf 2026 angepeilt ist, uns mehr verraten. Es ist speziell auf die Suche nach einer solchen zweiten Erde ausgelegt und wird uns hoffentlich mehr darüber sagen, wie häufig so eine Welt anzutreffen ist.