Home
Kontakt


Home
Kontakt


Alles rund um Exoplaneten

Highlights

Die Menschen hinter der Wissenschaft

Bibliothek

Mediathek

Mitmachen

Fragen Sie einen Astronomen
Events
Authors:

von Ludwig Scheibe (TU Berlin), August 2024

Frühe Spekulationen

Die Möglichkeit, dass es dort draußen andere Welten geben könnte, hat die Menschheit schon seit Jahrtausenden fasziniert. Es gab immer jene, die von der Existenz dieser anderen Welten überzeugt waren. Der altgriechische Philosoph Epikur schrieb über “eine unendliche Zahl von Welten, einige wie diese Welt, andere verschieden von ihr”, und der mittelalterliche persische Gelehrte Fakhr al-Din al-Razi erklärte, dass ein allmächtiger Gott die Macht hätte, um “eine Million Welten jenseits dieser Welt, so dass jede dieser Welten größer und massiver ist als diese Welt” erschaffen könnte.

Der griechische Philosoph Epikur entwickelte, neben vielen anderen philosophischen Konzepten, auch eine Natur-Lehre, der zufolge es unendlich viele weitere Welten gibt. Quelle: fotografiert von Marie-Lan Nguyen, Wikimedia Commons

Der italienische Renessaince-Gelehrte Giordano Bruno erklärte, warum wir diese Welten nicht sehen: “Es gibt unzählige Sonnen und unzählige Erden, die alle um ihre Sonnen kreisen genau so wie die sieben Planeten unseres Sonnensystems. Wir sehen nur die Sonnen, weil sie die größten Körper und hell sind, aber ihre Planeten bleiben unsichtbar für uns, weil sie kleiner und nicht leuchtend sind.” Der Deutsche Philosoph Immanuel Kant schrieb in seiner Naturgeschichte: “Alle Fixsterne, die das Auge an der hohlen Tiefe des Himmels entdeckt, […] sind Sonnen und Mittelpunkte von ähnlichen Systemen.” Allerdings basieren alle diese Theorien auf Plausibilitätsargumenten und keiner dieser frühen Pioniere konnte beobachtbare Beweise anführen.

70 Ophiuchi – frühe Aussagen eines Exoplaneten

Eine der ersten Aussagen über einen Exoplaneten, die sich auf Beobachtungen stützte, stammt aus dem Jahr 1855 von William Jacob, der am Observatorium von Madras in Indien arbeitete. Er argumentierte, dass die beobachtete Umlaufbewegung des Doppelsternsystems 70 Ophiuchi nicht allein mit den beiden Sternen erklärt werden könne, und bezeichnete es als „höchst wahrscheinlich“, dass es in diesem System einen „planetarischen Körper“ gibt. Dies wurde 1899 von Thomas See von der Universität von Chicago erweitert. Er berechnete die Bahneigenschaften dieses Begleiters, darunter eine Umlaufzeit von 88 Jahren und eine Exzentrizität von 0,5. Forest Moulton zeigte jedoch noch im selben Jahr, dass die von See berechnete Umlaufbahn nicht stabil ist und daher wahrscheinlich nicht korrekt ist. Außerdem konnten mehrere spätere Beobachtungen von 70 Ophiuchi die von Jacob und See beobachteten Störungen nicht reproduzieren.

Das Bild zeigt die Umlaufbahn des kleineren Sterns 70 Ophiuchi B um den größeren Stern 70 Ophiuchi A. Die gestrichelte Ellipse ist die theoretische ungestörte Bahn, die durchgezogene Linie ist die bewegung aufgrund der Messungen. Der Unterschied wurde dadurch erklärt, dass 70 Ophiuchi B durch einen „dunklen Begleiter“, also vermutlich einen Planeten, beeinflusst wird. Quelle: See, Astron. Journ. 16, 1896

Otto Struve – Vorschlag der Radialgeschwindigkeits- und Transitmethode

Im Laufe des 20. Jahrhunderts gab es mehrere Behauptungen über planetenartige Begleiter, die meisten davon in ähnlicher Weise wie bei Jacob und See: Störungen in der Position eines Sterns, die angeblich durch einen unsichtbaren Begleiter verursacht wurden – was wir heute als astrometrischen Nachweis bezeichnen würden. Keine dieser Behauptungen konnte überzeugend bestätigt werden. Doch 1952 veröffentlichte der Astronom Otto Struve, der einer langen Linie an Astronomen entstammte und damals an der University of California Berkeley arbeitete, einen kurzen Aufsatz, der sich als äußerst einflussreich und vorausschauend erweisen sollte.

Otto Struve, einer der Begründer der modernen Exoplanetenforschung mit seinen Vorschlägen zu aussichtsreichen Entdeckungsmethoden. Quelle: NRAO/AUI/NSF unter CC BY 4.0

In der Veröffentlichung mit dem Titel Proposal for a project of High-Precision Stellar Radial velocity work (Vorschlag für ein Projekt zur hochpräzisen Messung der stellaren Radialgeschwindigkeit) argumentierte Struve unter dem Gesichtspunkt der Planetenbildung, dass die meisten Sterne Planeten haben sollten. Außerdem schlug er sowohl die Radialgeschwindigkeitsmethode zum Auffinden von Planeten vor, die auf dem „Wackeln“ basiert, das diese in ihren Zentralsternen verursachen und das durch die Dopplerverschiebung im Spektrum des Sterns messbar ist, als auch die Transitmethode, bei der ein Planet durch den Helligkeitsabfall entdeckt wird, der durch die Bewegung des Planeten zwischen uns und dem Stern verursacht wird. Er weist auch darauf hin, dass „es nicht unwahrscheinlich ist, dass ein Planet in einer Entfernung von 1/50 astronomischen Einheiten existieren könnte“, was es erlauben würde, ihn mit den damals modernsten Instrumenten gerade noch aufzufinden. Es sollte noch weitere 40 Jahre dauern, aber Struve lag sowohl mit den von ihm favorisierten Methoden als auch mit seiner Vermutung, dass es sehr nahe gelegene Planeten geben würde – das, was wir heute als heiße Jupiter [Link] und ultrakurzperiodische Planeten bezeichnen würden – absolut richtig.

Die Tragödie von Barnards Stern

Es sollte noch eine Weile dauern, bis sich Struves Empfehlung und Vorhersagen bewahrheiteten. In der Zwischenzeit rückte eine andere astrometrische Entdeckung in den Mittelpunkt und brachte Exoplaneten zurück in die öffentliche Wahrnehmung: Im Jahr 1963 veröffentlichte Peter van de Kamp vom Spoul-Observatorium in den USA ‘Astrometric Study of Barnard’s Star from Plates Taken with the 24-inch Spoul Refractor’ (Astrometrische Studie von Barnards Stern anhand von Aufnahmen mit dem 24-Zoll-Spoul-Refraktor).

Peter van de Kamp war – sehr wahrscheinlich irrigerweise – überzeugt, um Barnards Stern mindestens einen Gasriesen entdeckt zu haben. Quelle: Rochester Institute of Technology via Wikimedia Commons Wikimedia Commons

Darin präsentierte er astrometrische Messungen über 25 Jahre des Sterns Gliese 699, besser bekannt als Barnards Stern – zufällig auch im Sternbild Ophiuchi, demselben wie das Doppelsternsystem von Jacob und See. Die Messungen zeigen Störungen in der Position des Sterns und van de Kamp kam zu dem Schluss, dass ein Begleiter mit der 1,6-fachen Masse des Jupiters und einer Umlaufzeit von 24 Jahren dafür verantwortlich ist. Sechs Jahre später veröffentlichte er eine verfeinerte Analyse, die nun auf die Existenz von zwei Planeten mit 1,1 und 0,8 Jupitermassen und einer Umlaufzeit von 26 bzw. 12 Jahren hinweist.

Es fehlte jedoch an einer unabhängigen Überprüfung der Messungen. Tatsächlich veröffentlichten George Gatewood und Heinrich Eichhorn 1973 ‚An unsuccessful search for a planetary companion of Barnard’s star‚, in dem sie ihre eigenen Messungen von Barnards Stern vorstellen und zeigen, dass diese die Ergebnisse von van de Kamp nicht reproduzieren. Im selben Jahr veröffentlichte John Hershey, der am selben Observatorium wie van de Kamp arbeitete, eine Analyse der fotografischen Platten, die die Grundlage für van de Kamps Ergebnis bildeten. Hershey kam zu dem Schluss, dass es sich bei dem, was sein Kollege gesehen hatte, nicht um eine Störung in der Bewegung von Barnards Stern handelte, sondern um einen Instrumentenfehler des Teleskops. Nachdem weitere Beobachtungen des Sterns mit anderen Teleskopen die Existenz des Planeten ebenfalls nicht bestätigen konnten, wurde allgemein anerkannt, dass die Entdeckung ein Irrtum war.

Bis zu seinem Tod im Jahr 1995 – zufällig im selben Jahr, in dem der erste extrasolare Planet um einen sonnenähnlichen Stern entdeckt wurde – hielt Van de Kamp an seiner Entdeckung fest und veröffentlichte weiterhin Arbeiten zur Verfeinerung der Bahneigenschaften. Viel später, im Jahr 2018, wurde erneut ein Planetenkandidat um Barnards Stern veröffentlicht, der aber inzwischen auch von mehreren anderen Teams bestritten wird. In jedem Fall hat dieser Kandidat angeblich eine Masse, die nur etwa dreimal so groß ist wie die der Erde, mit einer Umlaufzeit von weniger als einem Jahr, was bedeutet, dass es sich definitiv nicht um den Gasriesen in Jupitergröße – oder mehrere Gasriesen – auf mehrjährigen Umlaufbahnen handelt, die van de Kamp entdeckt zu haben glaubte.

Zaghafte Beobachtungen mit Radialgeschwindigkeit

Die Geschichte von Bernards Stern zeigt, wie wichtig eine unabhängige Überprüfung in der Wissenschaft ist, insbesondere bei außergewöhnlichen Behauptungen wie dem ersten Planeten um einen anderen Stern als unsere Sonne. Das etwas enttäuschende Ergebnis mag als abschreckendes Beispiel für spätere Entdeckungen gedient haben, aber die Suche ging weiter. Nun wurden Radialgeschwindigkeitskampagnen wie die von Otto Struve befürwortete immer häufiger durchgeführt. 1988 veröffentlichten Campbell, Walker und Yang eine Studie über die Radialgeschwindigkeitsveränderungen von 12 schwachen Zwergsternen und stellten fest, dass es für sieben von 15 Sternen einen „möglichen“ oder „wahrscheinlichen“ Begleiter gibt und dass diese Begleiter „eher mit Planeten als mit Braunen Zwergen verwandt sind“. Man beachte hier die vorsichtige Formulierung, denn die Wissenschaftler waren eindeutig der Meinung, dass ihre Daten noch keine endgültige Aussage rechtfertigen. In ähnlicher Weise kündigte ein Team von Wissenschaftlern um David Latham einen „unsichtbaren Begleiter“ um HD 114762 an, konnte aber nicht bestätigen, dass es sich dabei definitiv – oder sogar wahrscheinlich – um einen Planeten handelt.

PSR1257+12 und 51 Pegasi – echte Planetensysteme

Manchmal wird behauptet, der erste extrasolare Planet sei 1995 entdeckt worden. Das ist so nicht ganz richtig. Im Jahr 1992 veröffentlichten Aleksander Wolszczan und Dale Frail ihre Entdeckung von zwei planetengroßen Körpern um den Pulsarstern PSR1257+12. Allerdings ist dieser Stern ein sehr alter pulsierender Neutronenstern, und man vermutete, dass die Planeten durch heftige Massenauswürfe in der Entwicklung des Sterns entstanden sein könnten. Der Stern erhielt 2015 von der Internationalen Astronomischen Union den Namen „Lich“, und die drei Planeten – ein weiterer wurde 1994 entdeckt – „Draugr“, „Poltergeist“ und „Phobetor“, da der Pulsar ein „toter“ Stern ist.

2019 präsentierte die NASA den Pulsar PSR B1257+12 und seine drei Planeten im Stile eines klassischen Horrorfilmplakats. Die Darstellung als „untote Welten“ der Planeten beruht darauf, dass sie den überbleibenden Kern eines bereits „gestorbenen“ Sterns umkreisen. Quelle: NASA-JPL/Caltech

Das weitaus berühmtere und folgenreichere Ereignis geschah 1995: Mit Hilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckten Didier Queloz und Michel Mayor einen Planeten um den Stern 51 Pegasi, der fast die gleichen physikalischen Eigenschaften wie unsere Sonne aufweist.

Didier Queloz und Michel Mayor, die beiden Entdecker des ersten gesicherten Exoplaneten um einen sonnenähnlichen Stern, 51 Pegasi b. Credit: L. Weinstein/Ciel et Espace Photos unter CC BY 4.0

Der Planet ist jedoch etwa halb so schwer wie der Jupiter – immer noch deutlich schwerer als der Saturn und damit ein Gasriese – und umkreist seinen Stern in vier Tagen, wobei der Bahnradius nur 5% des Abstands der Erde zur Sonne beträgt. Diese Entdeckung, die innerhalb weniger Wochen nach ihrer Bekanntgabe von zwei anderen Teams bestätigt wurde, war eine große Sache: Es handelte sich nicht um einen alten Stern, bei dem die Begleiter als Ergebnis der späten Sternentwicklung erklärt werden könnten. Hier gab es einen sonnenähnlichen Stern, der sich in der Blüte seiner Hauptreihenentwicklung befand, so dass der entdeckte Begleiter ein echter Planet war, der sich während der Entstehung des Sterns gebildet. Doch dieser seltsame Planet war völlig anders als alles, was aus dem Sonnensystem bekannt war: Seine große Masse und kurze Umlaufbahn machten ihn zum ersten so genannten heißen Jupiter, einer damals völlig unbekannten Planetenklasse. Es stellte sich heraus, dass Otto Struve völlig Recht hatte: Es gab Riesenplaneten auf sehr kleinen Umlaufbahnen, und sie wurden mit der Radialgeschwindigkeitsmethode gefunden.

Diese Entdeckung läutete ein Zeitalter der Entdeckung von Exoplaneten ein, das bis heute andauert.