von Ruth Titz-Weider (DLR), Juli 2024
Vorgeschichte
Eine der erfolgreichsten Methoden, um extrasolare Planeten zu finden, ist die Transitmethode. Wenn ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht, schattet er ihn in dieser Zeit ein klein wenig ab. Für einen Beobachter wird der Stern um einen Bruchteil abgedunkelt. Ein Phänomen, das sich regelmäßig, je nach Umlaufzeit des Planeten, wiederholt. Von der Erde aus kann man Transits des Merkur und der Venus beobachten – allerdings ist da die Sonne als Scheibe zu erkennen. Weit entfernte Sterne erscheinen nur noch als einzelne beleuchtete Pixel. Der Dip in der Intensität ist oft schwierig zu erkennen, denn es gibt instrumentelle Effekte und Sternveränderungen.
Um mit der Transitmethode Planeten zu entdecken, muss man Geduld haben. Möglichst ununterbrochen sollte man das Licht möglichst vieler Sterne gleichzeitig beobachten, um einen Treffer zu erzielen. Aber Teleskope, die sich auf der Erde befinden, haben eine Einschränkung: nur bei Nacht kann man beobachten. Was aber wenn der Transit eines Planeten in die taghelle Zeit fällt? Ja, das ist Pech. Wir wissen nicht, wie viele Transits uns entgangen sind, weil sie am Tag stattgefunden haben.
Idee für die Weltraummission
Mit der Entdeckung des ersten Planeten um einen sonnenähnlichen Stern – vorher hatte man schon solche um Pulsare gefunden – im Jahr 1995 nahmen die Suche nach Exoplaneten richtig Fahrt auf. Aus dem Wunsch, nicht nur von der Erde aus und mit den unvermeidlichen Einschränkungen – Tag und Nacht, Vollmond – zu beobachten, entwickelte sich die Idee einer Weltraummission. Die erste Mission, die systematisch im Weltraum nach Exoplaneten gesucht hat, war CoRoT, eine Mission der französischen Raumfahrtagentur CNES mit substantiellen Beiträgen aus Deutschland, aber auch aus Österreich, Belgien, Spanien, Brasilien und der ESA.
Das Akronym CoRoT steht für Convection, Rotation and Planetary Transits und in diesem Kürzel zeigt sich, dass dieser Satellit nicht nur auf Planetentransits angesetzt war, sondern auch Sterne in ihrer Veränderlichkeit beobachten sollte. Die Veränderungen in der Sternhelligkeit können durch Konvektion und Rotation des Sterns hervorgerufen werden und das Wissen, um die Intensität und Periodizität dieser Veränderungen, lassen u. a. Rückschlüsse auf das Alter des Sterns und damit auch des Planetensystems zu. Astroseismologie und Transitsuche beruhen beide auf der hochempfindlichen Messung der Veränderung im Sternenlicht, der Photometrie. Wenn man einen Planetenkandidaten entdeckt hat, kann man aus den astroseismologischen Untersuchungen seines Sternes auf das Alter des gesamten Systems schließen und somit Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung eines Planetensystems gewinnen.
Instrument
CoRoT war mit einem Weitwinkelteleskop mit einem Hauptspiegel von 27 cm Durchmesser ausgestattet, die Brennweite betrug 110 cm. In der Brennebene gab es vier CCDs, zwei für die Transitsuche und zwei für die Astroseismologie. CoRoT hat das Licht der Sterne im sichtbaren Wellenlängenbereich detektiert. Das Blickfeld betrug 2,7° x 3,05° – der Vollmond mit einem halben Grad hätte in dieses Feld 30 Mal Platz gefunden.
Satellit
Beim Start war der gesamte Satellit etwa 630 kg schwer und passte in eine Kiste von 4,1m x 2m x 2m. Nachdem er seine polare Umlaufbahn, 696 km über der Erde, erreicht hatte, wurden die beiden Sonnensegel entfaltet und die schützende Kappe über dem Teleskop wie ein Konservendosendeckel geöffnet. Das erste Licht – First Light – empfing das Teleskop Mitte Januar 2007, drei Wochen nach dem Start.
Missionsverlauf
CoRoT startete mit einer russische Sojus-Fregat-Trägerrakete am 27. Dezember 2006 von Baikonur in seine polare Umlaufbahn in rund 900 km Höhe Nach Inbetriebnahme der Elektronik und Feinjustage begann die erste Beobachtungsphase – initial run – , die vom 7. Februar bis 2. April 2007 dauerte. Danach wurde in Phasen verschiedener Längen gemessen, 150 oder 20 Tage. Länger als 150 Tage oder sechs Monate konnte CoRoT nicht auf ein Feld ausgerichtet sein, weil das Instrument sonst von der Sonne geblendet oder durch die Erde abgeschattet worden wäre.
Die Mission war zunächst auf drei Jahre ausgelegt und wurde zwei Mal verlängert, 2009 und dann noch mal 2012. Ab dem 2. November 2012 sendete CoRoT keine Daten mehr zur Bodenstation1. Vermutlich hat das Bombardement hochenergetischer Strahlung während der knapp sechsjährigen Betriebszeit das Instrument so beschädigt, dass es nicht mehr in Betrieb genommen werden konnte. Der Satellit wurde am 17. Juni 2014 offiziell außer Betrieb genommen.
Erfolge
Der erste Planet ließ nicht lange auf sich warten, im Mai 2007, in der ersten langen Beobachtungsphase, wurde der erste Kandidat entdeckt. CoRoT-1b, ein Planet mit einem Radius von 1,5 Jupiterradien und einer Umlaufzeit von nur 1 ½ Tagen. Wie viele der bis dahin – allerdings nur mit bodengebundenen Teleskopen – gefundenen Planeten, gehörte er zur Familie der Heißen Jupiter.
Eine wirkliche Sensation war CoRoT-7b. Es war nämlich der erste Planet, bei dem man Radius und Masse genau bestimmt hatte. Mit Masse und Radius kann man die Dichte bestimmen und dieser Wert zeigte für CoRoT-7b eindeutig einen Gesteinsplaneten an. Zur Orientierung: die Gesteinsplaneten unseres Sonnensystems, Merkur, Venus, Erde und Mars, haben Dichten zwischen 4 und 5 g/cm³, die Riesenplaneten um 1g/cm³. Für viele Planeten, die man entdeckt hat, hat man keinen vollständigen Steckbrief. Nur für ein Viertel aller Planeten kennt man den Radius und die Masse und kann daher die Dichte ermitteln. Das kann man jederzeit selbst überprüfen. In der Enzyklopädie der Extrasolaren Planeten (https://exoplanet.eu/home/) oder dem NASA-Exoplaneten-Archiv (https://exoplanetarchive.ipac.caltech.edu/) sind alle Planeten mit ihren Eigenschaften und den entsprechenden Quellen zu finden.
Ein anderer Planet, der bemerkenswerte Eigenschaften hatte, war CoRoT-9b: er hat eine Umlaufzeit von 95 Tagen. Das ist eine Größe, die wir aus unserem Sonnensystem kennen: Merkur, der schnellste Planet in unserem Sonnensystem braucht für eine Umkreisung der Erde 88 Tage. Diese Entdeckung war der Beweis, dass CoRoT grundsätzlich in Lage war, solche langen Perioden zu messen. Diese relative große Umlaufzeit war 2010 die längste, die mit der Transitmethode ermittelt wurde. 95 Tagen entsprechen einem Drittel des Abstands zwischen Erde und Sonne (1 AU). Im Gegensatz zu den Heißen Jupitern mit viel kleineren Abständen empfängt dieser Planet deutlich weniger Strahlung und die Temperatur seiner äußeren Hülle liegt geschätzt zwischen – 23° Celsius und +160° Celsius. Das ist moderat – wenn auch nicht in irdischen Maßstäben – und macht ihn zu einem interessanten Objekt für weitere Beobachtungen.
40 Planeten hat man mit oder durch CoRoT entdeckt. Sie verteilen sich auf 36 Sterne. Drei der Sterne, CoRoT-7, CoRoT-20 und CoRoT-24, beherbergen mehr als einen Planeten. Aber diese Planeten wurden nicht alle mit der Transitmethode entdeckt. CoRoT-7c, CoRoT-7d und CoRoT-20c beruhen auf nachfolgenden Messungen mit Teleskopen vom Boden aus mit der Radialgeschwindigkeitsmethode. Die Radialgeschwindigkeitsmessungen sind für einen Planetenkandidaten obligatorisch, denn nur darüber lässt sich die Masse bestimmen. Dabei zeigen die Messungen Verläufe, die sich nur durch die Anwesenheit eines zweiten oder dritten Planeten erklären lässt, der aber keinen Transit verursacht. Mehrere Planeten müssen ja auch nicht notwendigerweise in der gleichen Ebene verlaufen. Die Planetenbahnen können so gekippt sein, dass der innerste Planet einen Transit verursacht, die anderen aber schon nicht mehr.
Begleitende Messungen mit bodengestützten Teleskopen
Schon vor dem Start des Satelliten wurde mit bodengebundenen Teleskopen die anvisierten CoRoT-Felder beobachtet, um zum Beispiel Doppelsterne zu identifizieren, die mit ihrer Strahlungsverlauf einen Transit vortäuschen können. Außerdem wurde während der laufenden Mission mögliche Kandidaten, durch den Alarmmodus signalisiert und dann durch nachfolgende Messungen untersucht. Hilfreich waren dabei photometrische Beobachtungen der CoRoT-Felder mit den Teleskopen BEST und BEST II, um Bedeckungsveränderliche zu identifizieren. Um einen Planetenkandidat weiter zu bestimmen, wurden die Sterne spektroskopisch nachbeobachtet. Regelmäßig sich verändernde Spektrallinien können durch einen Planeten verursacht sein (Radialgeschwindigkeitsmethode). Die Thüringer Landessternwarte in Tautenburg hat hier entscheidende Beiträge geleistet. Andere Teleskope, die CoRoT-Kandidaten untersucht haben, stehen in Südfrankreich und Chile.