von Ludwig Scheibe (TU Berlin), November 2024
Die Atmosphäre eines Planeten, also die Hülle aus Gas, die ihn umgibt, liefert uns wichtige Informationen über die Bedingungen, die auf diesem Planeten herrschen. Sie hat eine entscheidende Rolle für seinen Wärmehaushalt, gibt Auskunft über Prozesse in seinem Inneren und seiner Entwicklung und kann Hinweise auf mögliche Bewohnbarkeit geben. Wie können wir also durch Beobachtung mehr darüber lernen, wie es um die Atmosphäre eines Planeten bestimmt ist?
Es ist bei diesem Thema so, wie auch in anderen Gebieten der Exoplanetenforschung: Verschiedene Methoden geben uns verschiedene kleine Puzzlesteine, und nicht alle Methoden sind für alle Planeten gleich gut geeignet. Alle Methoden haben gemeinsam, dass wir das Licht des Planeten oder des Zentralsterns bei verschiedenen Wellenlängen, sprich Farben, betrachten. Man spricht hier von Spektren, und die Grundlagen des Konzepts werden hier erklärt.
Die Phasenkurve
Als Phasenkurve eines vorbeiziehenden Planeten, dessen Umlaufbahn so ausgerichtet ist, dass er regelmäßig zwischen uns und dem Stern vorbei zieht (ein so genannter Transit), bezeichnen wir die gemessene Helligkeit des Sterns über einen ganzen Umlauf des Planeten. Nach dem deutlichen Rückgang der Helligkeit, wenn der Planet vor dem Stern entlang zieht, genannt primärer Transit oder Primäre Verdeckung, nimmt die Helligkeit während des nächsten halben Umlaufs graduell zu, weil wir mehr und mehr von der beleuchteten – und damit reflektierenden – Seite des Planeten sehen. Wenn der Planet von uns aus gesehen hinter den Planeten zieht, die sog. Sekundäre Verdeckung, geht die Helligkeit dann wieder zurück, denn jetzt kann nur noch das Licht des Sterns selbst gemessen werden.
Dies kann uns mehrere Informationen geben: Wenn wir die Helligkeit direkt vor und nach dem primären Transit mit der während der sekundären Verdeckung vergleichen, können wir berechnen, wie viel Strahlung die vom Stern abgewandte Seite des Planeten von allein abgibt, und können damit die Temperatur der Nachtseite des Planeten (also der Seite, die vom Stern weg zeigt) errechnen. Dies funktioniert am besten im infraroten Wellenlängenbereich, weil die wenigsten Planeten heiß genug sind, um selbst sichtbares Licht auszustrahlen. Dasselbe können wir an jedem anderen Zeitpunkt der Phasenkurve machen, und damit ein Bild von der unterschiedlichen Temperatur von Tag- und Nachtseite des Planeten erhalten.
Eine Betrachtung im Bereich sichtbaren Lichts dagegen, wiederum indem wir die Helligkeitsentwicklung der Phasenkurve mit dem Sternenlicht allein während der sekundären Verdeckung vergleichen, gibt Auskunft darüber, wie stark die Atmosphäre des Planeten Licht direkt reflektiert, und das wiederum kann Auskunft darüber geben, ob der Planet Wolken aufweist und woraus sie bestehen könnten.
Transmissions-Spektroskopie
Beim primären Transit, also wenn sich ein Planet zwischen uns und seinem Stern hindurch bewegt, verdeckt er einen Teil des Sterns und dessen Helligkeit verringert sich. Ein Teil des Sternenlichts wird aber nicht einfach nur verdeckt, sondern fällt durch den schmalen „Ring“, den die Atmosphäre um den Planeten bildet. Die Atmosphäre verändert das Licht dabei, und je nachdem, woraus sie besteht, werden unterschiedliche Farben des Lichts unterschiedlich stark absorbiert. Die Absorption in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Lichts nennt man das Transmissionsspektrum.
Um diese Spektren zu analysieren, vergleicht man sie mit Computersimulationen von Atmosphären mit verschiedenen Zusammensetzungen, und versucht so, das passendste Spektrum zu finden. Je größer der Planet ist und je weiter seine Atmosphäre ausgedehnt ist, desto stärker ist der Effekt. Daher haben wir auf diese Weise bisher vor allem Jupiter– bis Neptungroße Gasriesen analysiert und stoßen erst jetzt so langsam in den Bereich vor, dass wir Supererden und Gesteinsplaneten untersuchen können.
Unsere Atmosphäre auf der Erde verändert übrigens auch das Licht, das von außen auf den Planeten fällt. Das ist einer der großen Vorteile, die Teleskope im Weltall wie das James-Webb-Teleskop gegenüber bodengebundener Beobachtung haben.
Emissions-Spektroskopie
In ähnlicher Weise wie bei der Absorption des Sternenlichts hat die Zusammensetzung der Atmosphäre auch Einfluss auf die Strahlung – meist im infraroten Bereich – die der Planet selbst aussendet. Wie wir bereits bei der Phasenkurve gesehen haben, kann die emittierte Strahlung des Planeten insbesondere gut direkt vor und nach der sekundären Verdeckung gemessen werden. Wenn man diese Strahlung nach Wellenlänge aufschlüsselt, kann man auch hier deutliche Signaturen bestimmter Moleküle erkennen.
Die emittierte Strahlung von Planeten kann auch anders gemessen werden, auch wenn das üblicherweise eine andere Art von Beobachtung erfordert, für die die meisten bisher gefunden vorbeiziehenden Planeten weniger geeignet sind: Wenn wir den Planet direkt abbilden können, dann können wir auch hier das Licht des Planeten, diesmal direkt, für verschiedene Wellenlängen messen und erhalten dadurch ein Emissionsspektrum, das uns etwas über die Temperatur und Zusammensetzung der Atmosphäre sagen kann.